Mitinvestoren haben René Benko zum Rückzug aus der Signa-Gruppe gedrängt. Nur dann seien sie allenfalls bereit, eine Beitrag zur Sanierung der Gruppe zu leisten. Benko hat zwar ein Einlenken signalisiert, verhandelt aber offenbar gleichzeitig auch mit dem saudiarabischen Staatsfonds über ein grosse Finanzspritze.
Was ist die aktuelle Lage bei Signa?
Im Machtkampf um die Signa-Gruppe bahnt sich eine Entscheidung an. Der Firmengründer René Benko sei grundsätzlich bereit, sich aus dem Unternehmen zurückziehen, berichteten am Freitag verschiedene österreichische Medien. Allerdings sollen noch Verhandlungen über die Details laufen. Eine offizielle Bestätigung für den Rückzug gab es bis am Freitagabend nicht. Benko reagierte nicht auf Anfragen der NZZ für eine Stellungnahme.
In den vergangenen Tagen hatten wichtige Mitinvestoren auf den Rückzug von Benko gedrängt. In einem gemeinsamen Brief forderten sämtliche Gesellschafter, die mit Benko auf Holding-Ebene investiert sind, er solle sich aus der Führung des Unternehmens zurückziehen und seine Stimmrechte für mindestens 24 Monate an einen Treuhänder übergeben. Nur so sei ein Krisenmanagement zur Rettung der Gruppe möglich. Anstelle von Benko solle der deutsche Sanierungsexperte Arndt Geiwitz die Geschäfte übernehmen.
Bei den Mitinvestoren in der Signa-Holding handelt es sich um bekannte Wirtschaftsgrössen aus dem deutschsprachigen Raum: den Lindt-&-Sprüngli-Verwaltungsratspräsidenten Ernst Tanner, den Thurgauer Kaffeemaschinen-Unternehmer Arthur Eugster, den deutschen Fressnapf-Gründer Torsten Toeller, den österreichischen Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner und den verschwiegenen brasilianisch-schweizerischen Unternehmer Riccardo Arduini.
Benkos Rückzug scheint jedoch noch nicht beschlossene Sache zu sein. Gegenüber dem österreichischen Radio Ö1 sagte der Mitinvestor Haselsteiner, Benko sei zwar grundsätzlich auf die Forderungen der Gesellschafter eingegangen, «aber noch nicht zur Gänze». Die Gespräche würden noch laufen. Zu einer Lösung könnte es laut Haselsteiner im Laufe des Wochenendes kommen.
Das deutet darauf hin, dass über die Konditionen von Benkos Rückzug noch verhandelt wird. Zwar sei Benko bereit, eine Verzichtserklärung bezüglich seiner Stimmrechte zu unterschreiben, sagte Haselsteiner. Aber er wolle im Gegenzug wissen, ob «die Gesellschafter mit einer solchen weitgehenden Lösung auch bereit wären, einen Beitrag zu leisten zur Sanierung der Gruppe».
Mit anderen Worten: Benko scheint zu verlangen, dass seine Mitinvestoren frisches Geld einschiessen. Das würde die Chancen erhöhen, dass die Signa-Gruppe gerettet werden kann – und dass auch Benkos eigenes Investment nicht wertlos wird.
Benko hält direkt und indirekt eine knappe Mehrheit an der Signa-Holding. Seine Mitgesellschafter wollen, dass er seine Stimmrechte treuhänderisch an den Sanierungsexperten Arndt Geiwitz überträgt. Laut Haselsteiner haben sie Vertrauen in diesen, dass er Ordnung und Transparenz in der verschachtelten Signa-Gruppe schaffen kann, die aus verschiedenen Immobilienfirmen und Kaufhausketten besteht.
Ausgeschlossen ist jedoch nicht, dass Benko noch andere Lösungsansätze verfolgt als ein Nachgeben gegenüber seinen Mitgesellschaftern. Laut Insidern soll er in Verhandlungen mit dem saudiarabischen Staatsfonds über eine Finanzspritze für die Signa-Gruppe stehen.
Was sind die Probleme der Signa-Gruppe?
Die Signa-Gruppe ist ein grosser Projektentwickler, und für den Bau von Immobilien braucht es laufend Geld. Mit den steigenden Zinsen verteuert sich jedoch die Finanzierung.
Zudem soll in den letzten Monaten ein wichtiger Investor eine Finanzierungszusage von mehreren hundert Millionen Euro zurückgezogen haben. Signa braucht deshalb rasch frisches Geld – einerseits, damit auf den Baustellen weitergebaut werden kann, und anderseits, um zahlreiche auslaufende Kredite zu nun höheren Zinsen zu refinanzieren.
Doch die Banken und Investoren sind aufgrund der intransparenten Strukturen offenbar nicht mehr bereit, neue Mittel einzuschiessen. Die Mitinvestoren hatten jüngst das Vertrauen in Benko verloren, weil sich die Krise im Signa-Imperium zugespitzt hatte.
Schwierig ist die Lage auch deshalb, weil die Europäische Zentralbank (EZB) ebenfalls Signa ins Visier genommen und die Banken zu mehr Vorsicht gemahnt hat.
Die Probleme sind in den vergangenen Tagen offenkundig geworden. Wegen nicht bezahlter Rechnungen sind die Arbeiten an verschiedenen Projekten zum Stillstand gekommen. So sind unter anderem die Arbeiten am Hamburger Elbtower gestoppt worden. Ebenso die am Düsseldorfer Carsch-Haus, einem weiteren Standort der KaDeWe-Gruppe, und an der Stuttgarter Königstrasse. Einen Unterbruch der Bautätigkeit gab es offenbar auch beim Projekt an der Hamburger Gänsemarkt-Passage.
Wie versucht sich Signa zu retten?
Zum einen hat Benko Immobilien abgestossen, um an Geld zu kommen. Bereits im März dieses Jahres hat Signa die Hälfte der KaDeWe-Immobilie in Berlin an die thailändischen Geschäftspartner der Central Group verkauft, die die Warenhäuser betreiben. Zudem hat der Hamburger Milliardär Klaus-Michael Kühne, der nicht auf Holding-Stufe, aber bei der Immobiliengesellschaft Signa Prime investiert ist, einen Bürokomplex namens Beam von Signa übernommen.
Spekulationen, dass sich Kühne an dem Elbtower beteiligen könnte, erteilte der Logistikunternehmer indessen eine Absage. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass es zum jetzigen Zeitpunkt heikel ist, Transaktionen mit der Signa-Gruppe zu tätigen. Denn im Falle einer Insolvenz bestünde die Gefahr, dass der Insolvenzverwalter die Transaktionen rückwirkend aufhebt.
Zum andern hat sich die Signa-Gruppe von Beteiligungen im Detailhandel getrennt. Bereits verkauft wurden der Bereich Signa Home & Lifestyle mit dem Möbelhaus Kika/Leiner in Österreich sowie der Bereich Signa Food & Restaurants mit den Karstadt-Restaurants, einem Joint Venture mit Eataly.
Beim Sportartikelhändler Signa Sports United (SSU) hat Benko selber eine zugesagte Kapitalspritze von 150 Millionen Euro zurückgezogen – mit dem Resultat, dass das Unternehmen Insolvenz anmelden musste. Die deutsche Kette Sportscheck wurde an den britischen Händler Frasers verkauft.
Was bedeutet die Krise für die Globus-Warenhäuser?
Seit Anfang 2020 besitzt Signa zusammen mit der thailändischen Central Group die Globus-Warenhäuser mitsamt einigen Liegenschaften.
Globus dürfte von den Signa-Problemen aber vergleichsweise wenig betroffen sein. Gespräche mit Insidern und Immobilienfachleuten legen nahe, dass das Detailhandelsgeschäft schuldenfrei ist und gemäss verschiedenen Quellen schwarze Zahlen schreibt. Die Liegenschaften und Umbauprojekte wiederum sind – anders als die meisten anderen Immobilien in Benkos Portfolio – langfristig finanziert.
Selbst wenn Signa unterginge, wäre Globus nicht zwangsläufig in Gefahr. Das operative Geschäft würde weiterlaufen, die Liegenschafteneigentümer bekämen weiterhin ihre Miete. Eigentümer wären dann neben den Thailändern anstelle von Signa – zumindest vorübergehend – die kreditgebenden Banken (ein grosses Konsortium aus Kantonalbanken), deren Hypothekarforderungen wiederum mit den Mieteinnahmen gedeckt werden könnten.
Die Central Group könnte sich dann überlegen, ob sie die restlichen Anteile des Detailhandelsgeschäfts und der Liegenschaften ebenfalls erwerben will oder ob sie einen neuen Partner sucht.
Wie steht es um den Warenhauskonzern Galeria?
In Deutschland kämpft die Warenhausgruppe Galeria (früher: Galeria Karstadt Kaufhof) schon länger mit finanziellen Problemen. So musste das Unternehmen nach den pandemiebedingten Schliessungen im 2020 eine Sanierung durchführen. Doch die geplante Restrukturierung reichte nicht aus, so dass die Signa-Tochter 2023 erneut Insolvenz anmelden und weitere Warenhausschliessungen vornehmen musste.
Laut der «Lebensmittel-Zeitung» soll Galeria das Geschäftsjahr 2022/23 per Ende September erneut mit einem Verlust abgeschlossen haben. Im Insolvenzverfahren hat die Eigentümerin Signa zugesichert, dem Warenhaus 200 Millionen Euro für die Sanierung bereitzustellen.
Von diesem Geld ist erst ein kleiner Teil geflossen, eine nächste Tranche ist im kommenden Frühling fällig. Laut Insidern ist dieses Geld allerdings für Galeria nicht überlebensnotwendig – anders als es bei der Signa Sports United der Fall war. Um an Geld zu kommen, will Galeria zudem die belgische Warenhaustochter Inno verkaufen.